oder: Welchen Kindern ich mit meiner Arbeit helfen möchte.
Als ich vor ein paar Jahren entschieden habe, einen Verlag zu gründen, um schöne, hilfreiche Lernmaterialien für Mathe zu machen, da hatte ich die Kinder vor Augen, für die ich das machen möchte: Sie heißen Sebastian und André, Salome und Lina.
Wenn ich zum Beispiel an Sebastian zurückdenke, geht mir das immer noch ans Herz. Er war damals in der 6. Klasse einer Mittelschule. Ich machte dort für ein paar Wochen Vertretung in der Ganztagsbetreuung. Und weil in Mathe gerade die Brüche dran waren und eine Probe anstand, stellte ich die grundlegende Frage: Was ist das eigentlich, ein Bruch?
Gemeinsam machten wir uns daran, die Antwort darauf zu finden. Und da war auch der Sebastian inhaltlich voll dabei. Er hat mitgedacht und zugeschaut. Er mitgemacht und mitgelacht. Und auch er konnte am Ende der Stunde in der Gruppe die Brüche am Zahlenstrahl eintragen...
In der Woche darauf erzählte er mir, dass er in der Probe wieder eine 6 bekommen habe. Er erklärte, dass er so eine bestimmte Krankheit habe und dass er deshalb kein Mathe lernen könne. Den Namen dieser Krankheit wusste er nicht mehr.
Ich glaube nicht, dass ihm das jemand direkt so gesagt hat, aber bei Sebastian ist die Diagnose "Dyskalkulie" genau so angekommen: Ich habe jene Art "Krankheit", wegen der ich kein Mathe lernen kann... Das zarte Pflänzchen der Hoffnung, das da in dieser Vertretungsstunde aufgekeimt war, war jedenfalls mit der 6 gleich wieder eingestampft worden.
Mit seinem traurigen Blick, seinen hängenden Schultern, seinen für ihn logischen Schlussfolgerungen - damit hat er mich im Herzen angerührt. Er hat mir so leid getan... und die ganze Situation hat mich wütend gemacht.
Denn eines wusste ich nach dieser Mathe-Stunde: Sebastian wäre in der Lage gewesen, die Bruchzahlen verstehen zu lernen. Er hätte Schritt für Schritt gelernt, mit Brüchen zu rechnen und damit Lernerfolg erlebt. Ich weiß das aus meiner Erfahrung heraus. Und ich weiß das, obwohl der Umgang mit den Brüchen vielen Kindern sehr, sehr schwer fällt.
Aber gerade weil ich das weiß, habe ich für Kinder wie ihn meine Lernmaterialien entwickelt und einen Verlag gegründet. Denn die Ursachen für die Schwierigkeiten liegen ja viel weiter zurück...
Während der Gründungsphase des Verlags bin ich auf die Webseite der Waldparkschule gestoßen. Sie wurde vor ein paar Jahren mit dem deutschen Schulpreis ausgezeichnet. Und diese Schule ist der Grund dafür, dass die Rechenpraxis schließlich auf den Vogel kam. Warum?
Die Waldparkschule in Heidelberg hat fünf wunderschön illustrierte Motive, mit denen sie die Unterschiedlichkeit ihrer Schüler darstellt. Das sind die Wald(park)tiere: Da gibt es die weise Eule. Den schlauen Fuchs. Den frechen Dachs. Den stacheligen Igel. Und eben das kleine Vögelchen.
In der Beschreibung des pädagogischen Konzepts der Waldparkschule steht:
"Mit jedem der Tiere kann man Charaktereigenschaften erkennen, die man unter anderem bei den Kindern und Jugendlichen unserer Schule findet.
Wir möchten als Schule mit diesen fünf Motiven ausdrücken, dass wir jeden Menschen an unserer Schule mit seinen Eigenarten, Stärken und Schwächen annehmen. Wir sind bestrebt jedes Kind und jeden Jugendlichen individuell zu fördern, zu fordern und zu seinem bestmöglichen Schulabschluss zu führen."
Das kleine Vögelchen wird dort so charakterisiert:
"Manch kleines Vögelchen, stellt oft sein „Licht unter den Scheffel“ und es benötigt Anregung, Unterstützung, enge Begleitung und Zuspruch, um Blockaden zu lösen, Mut zu entwickeln und Freude am Lernen zu entwickeln. Hier unterstützen wir, ohne Druck aufzubauen – denn jedes Kind will lernen und erfolgreich sein."
Hier finde ich Sebastian wieder. Seinen Blick, seine Haltung, seine bisherigen Erfahrungen. Aber auch seinen Wunsch zu lernen und etwas zu können. Das Vögelchen ist also das Symbol dafür. Es ist ein Bild für die Kinder, denen meine Arbeit in erster Linie dienen soll.
Erkennst du dein Kind wieder?
Auch ohne Diagnose eines Psychologen kannst du dir unter dieser Beschreibung etwas vorstellen, oder? Wenn du dein Kind wiedererkennst, braucht es wirksame Unterstützung auf seinem Weg zum Lernerfolg. Und darum machen wir einfach zusammen Mathe.
Wir erarbeiten
was die Zahlen bedeuten,
wie und weshalb man die Zahlen schreibt, wie man sie schreibt,
und was sich hinter den einzelnen Rechenarten verbirgt.
Warum das wirkt?
Wenn dein Kind diese Inhalte versteht und beherrscht, dann lösen sich in aller Regel die Blockaden und Widerstände auf.
Und so beschreibt die Waldparkschule auch die Lösung für Kinder, die an ein Vögelchen erinnern:
Unterstütze und ermutige dein Kind und
hilf ihm dabei, die Inhalte zu verstehen.
Auf diesem Weg ist endlich Schluss mit Entmutigung. Und dein Kind erlebt wieder sichtbare und spürbare Lernfortschritte. Deshalb steht der Vogel auch dafür, wie der Weg zur Lernfreude aussieht.
Das Rechenpraxis-Vögelchen ist deshalb nicht traurig und resigniert, sondern fröhlich und zuversichtlich. Es geht auf seinem Lernweg Schritt für Schritt vorwärts.
Für mich ist es deshalb ein treffendes Symbol für mein Anliegen und für meine Arbeitsweise.
Ein Wort noch zu betroffenen Kindern wie Sebastian: Ihm hat die Diagnose "Rechenstörung oder Dyskalkulie" nicht geholfen. Er hat zwar eine Erklärung, die ihn gefühlsmäßig etwas entlastet. Einen nachweislichen Grund für seine schlechten Noten. Aber auch die Überzeugung, nichts daran ändern zu können. Das Gefühl, hilflos zu sein. Und das ist nicht nur falsch, sondern auch fatal.
Ohne entsprechende Unterstützung nützt eine derartige Diagnose nichts. Es bedarf vielmehr einer wirksamen Hilfe, um in Mathe (wieder) auf einen grünen Zweig zu kommen.
Darum möchte ich dich ermutigen, bei Anzeichen einer Rechenschwäche frühestmöglich vorzubeugen bzw. gegenzusteuern. Denn weißt du: Zentraler Inhalt einer möglichen Dyskalkulietherapie ist: Matheunterricht! Da werden die mathematischen Gedanken noch mal grundlegend aufgebaut. Mit viel Verständnis, Struktur und Empathie! Toll! Warum dann nicht von Anfang an...?
Selbst wenn dir vor Mathe graut, weil du dich noch mit Schrecken an deine eigene Schulzeit erinnerst: Wenn du weißt, worauf es ankommt, kannst du dein Kind auf seinem mathematischen Lernweg begleiten. Wenn du das noch nicht weißt, dann kannst du das lernen.
Und so ist das Vögelchen vielleicht nicht nur ein Symbol der Ermutigung für dein Kind. Sondern auch für dich.
Ganz liebe Grüße, Eva
PS: Neben den kleinen Vögelchen gibt ja auch noch andere Charaktere, denen meine Materialien helfen können. Zum Beispiel den stacheligen Igeln. Wie heißt es im Leitbild der Waldparkschule so schön:
"Stachlige Igel stellen bei unbekannten Inhalten schnell die Stacheln auf und reagieren abwehrend. Hier ist es unsere Aufgabe, die Neugier zu fördern und Lust auf bislang unbekannte Inhalte zu verursachen."
Wenn du ein Kind hast, das dich eher an einen solchen stacheligen Igel erinnert: Schau genau hin. Meiner Erfahrung nach sind auch diese Kinder oft aufgrund von Misserfolgserlebnissen in diese Negativspirale geraten. Sie reagieren mit Aggression und Verweigerung darauf. Andere wiederum ziehen sich ganz zurück, igeln sich ein und vermeiden Leistungsstituationen.
Der Umgang mit Misserfolg kann also zu unterschiedlichen Reaktionen führen. (Da lohnt es sich auch sehr, einen konstruktiven Umgang damit zu lernen.)
Aber ein Ausweg aus dieser Negativspirale braucht auch immer eine Lösung für die inhaltlichen Probleme. Und diese Lösung gibt es nicht ohne Erfolgserlebnisse.
Fest steht jedenfalls: Egal, wie dein Kind gestrickt ist und welche Stärken und Schwächen es hat. Ob dich dein Kind eher an das Vögelchen erinnert, an den Igel oder vielleicht sogar an einen störrischen Esel... Oder ob du noch ganz andere Assoziationen hast, die dir im Moment im Kopf herum gehen:
In der Mathematik bauen die Lerninhalte sehr stark aufeinander auf. Das gilt für jedes Kind gleich und daran lässt sich nicht ändern. Aber das ist gleichzeitig eine Chance. Denn es gibt einen Lernweg, der sicher zum Lernerfolg führt. Schritt für Schritt.
Mit dem Rechenpraxis-Lernrezept kannst du dein Kind von Anfang an auf diesem Weg begleiten - in der Zeit, das es dafür braucht.
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